[Lydia Rufer]
Ziel:
Die Lehrperson kann erkennen, wieweit Studierende die Unterschiede zwischen bestimmten Phänomenen in Bezug auf ihre Merkmale oder Funktionen erkannt haben
Voraussetzungen:
Damit diese Form des Assessments summativ bewertet werden kann, müssen die Studierenden die Gelegenheit gehabt haben, sich mit den Merkmalen bzw. Funktionen der Phänomene auseinanderzusetzen
Ablauf:
- Wählen Sie zwei oder drei zentrale komplexe Phänomene aus dem Stoff aus, die ähnlich genug sind, um die Studierenden ggf. in Differenzierungsschwierigkeiten zu bringen.
- Definieren Sie, welche Merkmale oder Funktionen für die Studierenden wahrscheinlich am schwierigsten zu unterscheiden sind.
- Erstellen Sie eine Liste mit denjenigen dieser Merkmale oder Funktionen (und vielleicht noch einigen leichter zu unterscheidenden), die die ausgewählten Phänomene klar entweder haben oder nicht haben.
- Erstellen Sie eine Liste mit den Phänomenen als Spalten und den Merkmalen als Reihen (s. Beispiel).
- Wenn Sie das Assessment summativ bewerten möchten, definieren Sie Bewertungskriterien.
- Lassen Sie die Liste von einer Person ausfüllen, die ein wenig mehr zum Thema weiss als Ihre Studierenden (z.B. eine ältere Studentin oder ein neuer Mitarbeiter). Lassen Sie sich Feedback geben, ob die Liste gut auszufüllen war und im Fall eines summativen Einsatzes, ob die Bewertungskriterien fair sind.
- Überarbeiten Sie die Liste bei Bedarf.
- Erstellen Sie eine Musterlösung.
- Kopieren Sie sie dann für jeden Studenten/jede Studentin.
- Erklären Sie den Studierenden, wofür das Assessment gut ist, geben Sie ihnen eine Zeitvorgabe und lassen Sie sie die Liste ausfüllen. Lassen Sie die Studierenden für ein summatives Assessment ihre Namen auf ihre Liste schreiben.
- Im Fall eines summativen Assessments: Sammeln Sie die Listen ein, werten Sie sie aus, benoten Sie sie und geben Sie den Studierenden Feedback. Im Fall eines formativen Assessments: Zeigen Sie den Studierenden Ihre Musterlösung und diskutieren Sie abweichende Einschätzungen der Studierenden.
Beispiel:
Merkmale
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Assessment von Institutionen
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Assessment von Unterricht
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Von der Lehrperson erstellt und gesteuert
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Grosse Datenmengen erforderlich
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Komplexe Datenanalyse erforderlich
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Standardisiert und validiert
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Auf Lehren und Lernen im Unterricht orientiert
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Replizierbar und vergleichbar
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Hilfreich für Lehrpersonen und Studierende
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Nützlich für die Verwaltung
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Zielsetzung: Qualität der Ausbildung verbessern
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(Angelo&Cross 1988, 165)
Vorteile:
- Die kurze Variante ist schnell auszufüllen und schnell zu bewerten.
- Die Studierenden denken über anspruchsvolle Differenzierungen nach bzw. werden sich dieser bewusst.
- Die Studierenden sehen, dass anspruchsvolle Vergleiche auf wesentliche Ähnlichkeiten und Differenzen reduziert werden können.
- Die Studierenden sehen, wie sie ihre Notizen zu Lehrvorträgen prägnant und aussagekräftig gestalten können.
- Eine einmal erstellte Matrix ist in folgenden Lehrveranstaltungen zum gleichen Thema problemlos wiederverwertbar.
Nachteile:
- Die Vorbereitungszeit für eine wirklich treffende solche Matrix kann hoch sein.
- Wenn die Studierenden nur „+“ oder „-“ ankreuzen können Sie nicht sicher sein, ob sie nicht vielleicht nur geraten haben.
- Wenn die Studierenden nur „+“ oder „-“ ankreuzen, denken Sie nicht darüber nach, welche Differenzen es gibt, sondern nur, ob die analysierten Phänomene sie haben oder nicht.
Formativ/summativ: Ursprünglich formativ, kann aber auch summativ genutzt werden.
Passende Lernmethoden:
- Lehrvortrag
- Selbststudium (Lektüre, Interviewanalyse o.Ä.)
Varianten:
- Lassen Sie die Studierenden eine solche Matrix selber erstellen. Damit geben Sie ihnen die Möglichkeit, die Differenzen selber zu erarbeiten und so ausführlicher zu durchdenken. Die Studierenden können sich dann untereinander Feedback zu ihren Matrizen geben oder Sie können sie nacheinander in der Lehre einsetzen und danach mit den Studierenden nicht nur die Ergebnisse des Ausfüllens, sondern auch die Korrektheit der Matrizen besprechen.
- Arbeiten Sie mit mehr Unterscheidungskriterien als „+“ und „-“, z.B. „immer“, „oft“, „selten“ und „nie“ (arbeiten Sie am besten nicht mit einer fünften Unterscheidungskategorie „teils/teils“).
- Lassen Sie die Studierenden untereinander oder im Plenum diskutieren, warum sie ihre Liste wie ausgefüllt haben.
- Wenn Sie bei summativer Bewertung mehr über die Qualität der Antworten der Studierenden wissen möchten: Lassen Sie die Studierenden ihre Entscheidungen schriftlich begründen und bewerten Sie auch die Qualität der Begründungen.
Quelle:
Angelo, Thomas A. und Cross, Patricia K. (1988). Classroom assessment techniques: a handbook for college teachers. San Francisco: Jossey-Bass. Second edition. 164-167.